Das 2024 von der EU beschlossene Lieferkettengesetz, das Konzerne dazu verpflichten sollte, Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung in deren Lieferketten zu prüfen, soll durch das Omnibus-Paket der EU-Kommission verwässert werden. Mit dieser Deregulierung stellt die EU-Kommission Konzernprofite über Mensch und Natur: Ein Angriff auf Demokratie und Nachhaltigkeit.
Dieser Beitrag entstand aus der Kooperation zwischen willhaben und Österreichs führender Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000.
Die Regulierung von Industrie und Konzernen erfüllt wichtige Zwecke: Konsument:innen können sich darauf verlassen, dass Güter sicher für den Verbrauch sind, Arbeiter:innen haben durchsetzbare Rechte und die lokale Natur wird geschützt. All das ist nur möglich, indem Menschen und Natur durch Regeln vor übermäßiger, profitgetriebener Ausbeutung durch Konzerne abgesichert werden. In Österreich ist das durch jahrzehntelang erkämpfte Gesetze meist der Fall. Im Globalen Süden aber oft nicht – selbst wenn österreichische oder europäische Konzerne dort wirtschaften.
Das Lieferkettengesetz zielt darauf ab, diesen Schutz auf alle Bereiche entlang der Lieferkette auszudehnen.
EU-Kommission und konservative Politiker:innen wollen das wieder ändern; Deregulierung ist das neue Motto: Schwache und weniger Regeln zum Schutz von Menschen und Natur, Profitmaximierung hat Vorrang. Vermarktet wird das als Entbürokratisierung. Tatkräftige Unterstützung dabei bekommt die Kommission von großen Konzernen, wie etwa den Ölriesen Eni, TotalEnergy und EXXONMobil. Sie sind die größten Gewinner: Mehr Ausbeutung bedeutet zumeist höhere Profite für Management und Shareholder:innen. Die Kosten dafür tragen vor allem Arbeiter:innen, Konsument:innen und die Natur.
Trotzdem enden bisherige Gesetze nur allzu oft an den Landesgrenzen, Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung im globalen Süden blieben bisher zumeist folgenlos.

Den ersten Vorstoß in diesem Projekt der Deregulierung präsentiert die EU im Februar 2025 unter dem Namen Omnibus-Paket. Mehrere Meilensteine des Green Deals sollen damit ausgehebelt werden. Darunter das Lieferkettengesetz und das Gesetz zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. Ohne die übliche demokratische Beteiligung, boxt die Kommission diese Änderungen im Schnellverfahren in Hinterzimmerdeals durch. Ganz anders war das bei der bereits beschlossenen Lieferkettenrichtlinie. Hier waren über mehrere Jahre alle wichtigen Stakeholder:innen transparent eingebunden.

Das Omnibus-Paket ist eigentlich eine ganze Reihe von Änderungsvorschlägen. Besonders einschneidend sind die geplanten Änderungen der Lieferkettenrichtlinie.
Statt heuer soll die EU-Richtlinie in Österreich erst 2027 in Kraft treten. Wichtige Maßnahmen zum Schutz von Menschen und Natur werden also weiterhin hinausgezögert und verschleppt.
Die Konzerne müssen zumeist nur noch direkte Geschäftspartner:innen auf Umwelt-und Menschenrechtsverletzungen prüfen, statt auch deren Subunternehmen. Der Hauptschaden passiert allerdings beim Abbau der Rohstoffe und bei deren Verarbeitung. Das macht das Lieferkettengesetz zahnlos.
Konzerne müssen Verträge nicht mehr beenden, selbst wenn ein mögliches oder wahrscheinliches Fehlverhalten weiterhin besteht.
Die Pflicht, Klimapläne umzusetzen, wird aus dem Gesetz genommen. Das könnte Konzernen ermöglichen, Klimapläne lediglich zu verfassen, nicht aber umzusetzen. Klimapläne verkommen somit zur Greenwashing-Propaganda.
Mitgliedstaaten dürfen keine ambitionierteren Regeln umsetzen, als in der Lieferkettenrichtline festgehalten.
Die EU-weite zivilrechtliche Haftung wird abgeschafft. Privatpersonen und NGOs müssen damit wieder in den einzelnen Staaten Umweltverbrechen und Menschenrechtsverletzungen einklagen.
Die ursprüngliche Fassung der Richtlinie sah vor, dass keine Höchststrafen festgelegt werden dürfen, die weniger als 5 Prozent des weltweiten Umsatzes ausmachen. Diese Mindesthöchststrafe wird in der neuen Version abgeschafft. Strafen können somit zu symbolischen Akten verkommen, bei denen sich die Mitgliedstaaten gegenseitig unterbieten.

Die Planungssicherheit ist dahin. Wenn lange verhandelte und bereits beschlossene Gesetze praktisch über Nacht wieder gekippt werden, ist das ein fatales Signal für Unternehmen. Statt Stabilität herrscht allgemeine Unsicherheit. Wegen des bereits beschlossenen Lieferkettengesetzes haben viele Unternehmen wichtige Schritte für Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit geplant oder sogar umgesetzt. Sie sind jetzt wirtschaftlich gegenüber den Ausbeutern von Umwelt und Menschen im Nachteil. Es käme also Unrecht statt Fairness. Dabei sieht eine Mehrheit der Wirtschaftstreibenden laut eine Studie langfristig mehr Vorteile eines für alle geltenden Lieferkettengesetzes.

In den nächsten Monaten verhandeln EU-Parlament und Mitgliedsstaaten den finalen “Omnibus” und legen damit fest, wie drastisch die Deregulierung ausfällt. Auch österreichische Abgeordnete im EU-Parlament und die Bundesregierung spielen dabei eine wichtige Rolle! Sie dürfen österreichische Unternehmen, die bereits heute in Nachhaltigkeit investieren, nicht im Wettbewerb nach unten mit multinationalen Konzernen auf der Strecke lassen.
Schreiben Sie jetzt an die neuen Minister:innen und fordern Sie Stabilität statt Chaos!
Dieser Content entsteht mit der führenden Österreichischen Umweltschutzorganisation Global 2000.
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